Multichannel-Vertrieb bietet enorme Chancen – aber auch enorme Komplexität. Sobald man als Händler nicht mehr nur einen, sondern mehrere Verkaufskanäle gleichzeitig bedient, steigt der organisatorische Aufwand exponentiell. Ohne durchdachte digitale Workflows gerät man schnell in einen Zustand operativen Chaos: fehlerhafte Lagerbestände, doppelte Arbeitsschritte und unzufriedene Kunden sind häufig die Folge. Doch es geht auch anders. Wer Prozesse frühzeitig strukturiert, Systeme intelligent verknüpft und die richtigen Tools einsetzt, kann seinen Shop nicht nur effizient führen, sondern aktiv für Wachstum aufstellen.
Systembrüche vermeiden: So werden Bestände, Aufträge und Kundendaten zentral synchronisiert
Einer der häufigsten Fehler im Multichannel-Vertrieb ist die getrennte Verwaltung von Lagerbeständen, Kundeninformationen und Bestellprozessen. Wenn man etwa über Amazon, einen eigenen Onlineshop und Social-Commerce-Plattformen verkauft, ohne zentrale Synchronisation, sind Systembrüche vorprogrammiert. Artikel, die eigentlich ausverkauft sind, erscheinen plötzlich doch als verfügbar. Bestellungen gehen unter oder werden doppelt erfasst. Die Folge: man verliert Zeit, Geld und Vertrauen der Kunden.
Um dies zu vermeiden, sollte man auf ein zentrales Datenmanagement setzen. Dabei werden alle relevanten Informationen – vom Lagerbestand über Kundendaten bis hin zu Bestellungen – in einem gemeinsamen System erfasst und in Echtzeit aktualisiert. Der Schlüssel dazu sind Schnittstellen (APIs), die die verschiedenen Plattformen miteinander verbinden. Systeme wie ein ERP (Enterprise Resource Planning) spielen hier eine zentrale Rolle. Sie fungieren als Herzstück der digitalen Infrastruktur und sorgen dafür, dass jede Änderung – sei es ein Verkauf oder eine Rücksendung – sofort in allen Kanälen sichtbar ist.
Auch das visuelle Planen von Datenflüssen mit Tools wie Miro kann dabei helfen, potenzielle Brüche frühzeitig zu erkennen. Man kann auf einem digitalen Whiteboard beispielsweise darstellen, welche Systeme miteinander kommunizieren, wo Medienbrüche drohen und an welcher Stelle Daten dupliziert oder verloren gehen könnten. So schafft man ein Fundament, auf dem alle weiteren Automatisierungen aufbauen können.
Welche Tools wirklich zusammenspielen: ERP, PIM und OMS im Multichannel-Setup
In einem Multichannel-Shop kommen verschiedene Systeme zum Einsatz – und nicht jedes Tool passt zu jedem Geschäftsmodell. Deshalb ist es entscheidend zu wissen, welche Werkzeuge sich wie integrieren lassen, um eine stabile, flexible und vor allem effiziente Infrastruktur zu schaffen. Drei zentrale Systeme spielen dabei eine Schlüsselrolle: ERP, PIM und OMS.
Ein ERP-System ist das Rückgrat vieler digitaler Handelsunternehmen. Es bündelt Prozesse wie Warenwirtschaft, Buchhaltung und Kundenmanagement. Für den Multichannel-Vertrieb ist ein ERP dann besonders wertvoll, wenn es über zuverlässige Integrationen mit Shop-Systemen, Marktplätzen und Logistikdienstleistern verfügt. Wichtig ist auch die Skalierbarkeit: man sollte ein System wählen, das mit dem Geschäft mitwachsen kann.
Das PIM (Product Information Management) ist zuständig für die zentrale Verwaltung und Ausspielung von Produktdaten. Besonders im Multichannel-Umfeld hilft ein gutes PIM, konsistente Produktinformationen über alle Kanäle hinweg sicherzustellen. Man erfasst Bilder, Beschreibungen, technische Details und Marketingtexte einmal zentral – und spielt sie dann automatisch an Shops, Marktplätze oder Kataloge aus. Dadurch reduziert man manuelle Eingriffe und Fehlerquellen erheblich.
Ein Order Management System (OMS) wiederum sorgt dafür, dass eingehende Bestellungen kanalübergreifend erfasst, konsolidiert und weiterverarbeitet werden. Es optimiert die Auftragsabwicklung, unterstützt Dropshipping oder Fulfillment-Prozesse und sorgt für reibungslose Kommunikation mit Lager und Versand.
Damit diese Systeme effizient zusammenspielen, braucht man klare Workflows, saubere Datenstrukturen und im Idealfall einen initialen Architekturplan. So lassen sich technische Anforderungen früh erkennen und vermeiden, dass wichtige Schnittstellen im laufenden Betrieb fehlen.
Automatisierung statt Doppelarbeit: Workflows für Listings, Rechnungen und Versandprozesse
Manuelle Tätigkeiten sind im digitalen Handel ein echter Produktivitätskiller. Wer Listings einzeln erstellt, Rechnungen händisch generiert oder Versandetiketten manuell druckt, verliert wertvolle Zeit – und macht sich anfällig für Fehler. Im Multichannel-Betrieb potenzieren sich diese Aufgaben, da jede Plattform eigene Anforderungen mitbringt. Automatisierung ist daher kein Luxus, sondern eine betriebliche Notwendigkeit.
Ein effizienter Workflow beginnt bereits bei der Produktanlage. Mithilfe eines PIM-Systems kann man sämtliche Artikeldaten einmal zentral erfassen und automatisch an alle Verkaufskanäle verteilen. Dies spart Zeit, sorgt für einheitliche Informationen und ermöglicht einfache Aktualisierungen.
Auch der Rechnungsprozess lässt sich vollständig automatisieren. ERP-Systeme generieren auf Basis von Bestellungen automatisiert rechtskonforme Rechnungen, versenden diese per E-Mail und übermitteln die Daten zugleich an die Buchhaltung. Dadurch entfallen Medienbrüche und man spart sich die manuelle Nacharbeit.
Für den Versand ist es sinnvoll, Versandetiketten direkt aus dem ERP oder dem OMS zu erstellen. Integrierte Versandmodule oder externe Tools wie Shipcloud oder Sendcloud greifen auf Bestelldaten zu, erzeugen automatisch Labels und übermitteln die Sendungsnummer zurück an den Kunden. Gleichzeitig werden Lagerbestände angepasst – in allen Kanälen.
Skalieren ohne Stress: Wie Prozesse von Anfang an auf Wachstum ausgerichtet werden
Skalierung ist mehr als nur eine Umsatzsteigerung – sie bedeutet, Prozesse so zu strukturieren, dass man auch bei steigender Nachfrage, wachsenden Sortimenten und neuen Vertriebskanälen nicht an Effizienz verliert. Wer seinen Shop langfristig wachsen sehen will, muss bereits in der frühen Phase Strukturen schaffen, die diesen Wandel mittragen.
Ein erster wichtiger Schritt ist die Modularisierung. Prozesse und Systeme sollten so gestaltet sein, dass sie unabhängig voneinander erweitert oder ersetzt werden können. Wenn etwa das ERP-System problemlos ein neues Lager oder zusätzliche Märkte einbinden kann, schafft man Flexibilität. Ebenso sollten Marketing- und Vertriebskanäle nicht voneinander abhängig sein, sondern modular angesteuert werden können.
Zweitens braucht man Standards. Klare Datenformate, einheitliche Produktstrukturen und dokumentierte Workflows verhindern, dass das System bei jeder Erweiterung instabil wird. Hier hilft eine frühzeitige Dokumentation – etwa in Form eines digitalen Whiteboards auf Miro, das alle Prozessschritte, Tools und Zuständigkeiten abbildet. So verliert man auch bei schnellem Wachstum nicht den Überblick.
Drittens sollte man rechtzeitig in Reporting und Monitoring investieren. Wer nicht nur weiß, dass etwas nicht funktioniert, sondern auch warum, kann gezielt gegensteuern. Skalierbarkeit ist immer auch ein Thema der Transparenz – und die lässt sich nur erreichen, wenn alle Systeme integriert und analysierbar sind.